Kirgistan – Urlaubsfeeling am Yssyköl

Eine anstrengende, aber auch sehr schöne Zeit im Pamirgebirge liegt nun hinter uns. Unsere Knochen liegen blank, wir sind müde und ausgepowert. Wir sehnen uns nach Ruhe, nach leckerem Fastfood und einer heißen Dusche. Doch bis zur nächstgrößeren Stadt ist es noch ein Stück und somit müssen wir uns noch etwas gedulden. Wir passieren die Tadschikische Grenze mitten auf einem Gebirgspass und rollen ca. 20 km abwärts durch ein Niemannsland bis zur kirgisischen Grenze. Dabei müssen wir vom Kyzyl-Art Pass immer noch gegen heftigen Wind kämpfen und unser Akkupegel steht bereits auf null. Es geht in ein weites grünes Tal hinunter nach Sary-Tash. Nach längerer Zeit im kargen und trockenen Hochgebirge hat es nun auf knapp über 3000 m wieder satte grüne Wiesen und ein paar Bäume. Nach und nach klettern die Temperaturen wieder in den oberen Bereich und die lange Klamotte landet tief im Gepäck. Auch die Straße hat es in sich, feinster Asphalt lässt unsere Rösser wieder wunderbar dahin rollen. Langsam geht es nun zurück in die Zivilisation. Im Tal verbreitet sehen wir die ersten Sommerweiden mit Pferden und die Jurten der Kirgisen. Hier leben die Menschen und Tiere im Einklang mit der Natur. Alles wirkt sehr friedlich und entspannt, wir fühlen uns sofort pudelwohl.

In der kleinen Ortschaft Sary-Tash angekommen, fallen wir nur noch auf die Matratze, so durch wie wir sind. Der Gastwirt bereitet die Banja vor, wir duschen mit Pott und Eimer und am Abend gibt es ein deftiges Süppchen. Zwei Tage später verlassen wir voll Kraft getankt – immer noch mit den Holländern – die Ortschaft und schon kurz dahinter haben wir wieder zwei Pässe vor der Nase. Dabei geht es über das Alay- Gebirge Richtung Osch. Gleich nach dem Pass werden wir mit einer entspannten Abfahrt durch die Serpentinen belohnt. Nebenher fließt der Gulcha River, anfangs noch ein kleiner Bach, wird dieser später zu einem reißenden Fluss. Drei tolle Tage radeln wir knapp 2500 m bergab an dessen Seite. Dabei geht es durch verschiedene Täler und einige Schluchten, die uns zum Teil an das Elbsandsteingebirge erinnern. Das satte Grün der Pflanzenwelt ist ein schöner Kontrast zu den abgerundeten und rot leuchtenden Felsformationen. Weiter unten ist der Hochsommer bereits im vollem Gang, es ist weit über 30 °C heiß, die Wiesen und Felder sind längst ausgetrocknet. Kurz vor Osch landen wir dann auf einer stark befahrenen Hauptstraße. Nach so langer Zeit in der Pampa, müssen wir uns erstmal wieder an den Verkehr gewöhnen, welch ein Graus.

Die Stadt erreicht, nehmen wir zunächst unser angemietetes Apartment unter die Lupe. In den kommenden Tagen machen wir mal so richtig einen auf dicke Hose und wollen dort fünf grade sein lassen. Schniecke Küche, Badewanne, nen Sitzklo und nen großes Lümmelsofa… hach is das scheene. Der Supermarkt liegt direkt unten drunter und hat bis 3.00 Uhr morgens geöffnet, grandios.  Die Regale sind reichlich gefüllt und stehen den europäischen Standards in nix nach. Wir decken uns mit allen Köstlichkeiten ein – ach ja, nen Kühlschrank haben wir auch – und machen anschließend noch einen Abstecher in die Burger-Bude. Beim Lesen der Speisekarte läuft uns bereits der Sabber aus dem Mund und wir freuen uns wie kleine Kinder auf das Menü. Den Kirgisen geht es vergleichsweise gut. Es gibt viele Einkaufsläden, Restaurants, sie fahren zum Teil recht große Autos, Internet gibt es fast überall und es ist so schnell, dass einem das Telefon aus der Hand flattert. In den letzten Wochen waren solche Dinge eher eine Seltenheit für uns. Um so mehr genießen wir jetzt diesen Luxus. In Osch selber machen wir nicht viel, außer dass wir den größten Basar Zentralasiens einen Besuch abstatten oder mit Harrie und Dianne ins China Restaurant gehen. Hier trennen sich dann auch unsere Wege, sie bleiben noch ein paar Tage länger und wir machen alleine weiter.

So verlassen wir nach ein paar Tagen faulenzia die Stadt und fahren über Dschalal-Abat wieder hoch in die Berge. Der Kaldamo Pass steht im Visier und wir wollen über Naryn weiter zum Yssyköl See. Nach 50 km Fahrvergnügen – der Pass ist noch nicht erreicht – läuft uns bereits die Suppe von der Stirn. Es ist so heiß, dass wir keine Lust mehr haben die Berge hinauf zu fahren. Kurzerhand stoppen wir ein Fahrzeug und lassen uns das erste Drittel vom Anstieg mitnehmen. 12 km vor dem Pass ist dann Ende im Gelände, der Herr hat seine Sommerweide erreicht und wir steigen stirnrunzelnd aus dem Wagen. Nun müssen wir doch noch über den Pass und nehmen diesen am frühen Morgen darauf. Der Anstieg zieht sich wie ein Kaugummi und nach etlichen Kurven und grottiger Piste erreichen wir drei Stunden später auf knapp 3000 m endlich den höchsten Punkt.

Im Vorfeld haben wir eigentlich nur Gutes über Kirgistans Straßen gehört, sie sind es zum Teil auch, doch genau diese Straße besteht aus Waschbrett, Schotter und Sand. Wir rollen vom Pass runter nach Kazerman und kommen am Abend fix und foxy dort an. Hoch zum Yssyköl See sind es jetzt aber immer noch knapp 300 km. Es gilt noch mehrere Pässe zu überwinden und die Straße Richtung Naryn soll wohl in einem noch schlechteren Zustand sein – kaum zu glauben -. Hinzu kommt, dass eine wichtige Brücke gesperrt ist und zusätzlich noch ein kleiner Umweg nötig wäre. Zugegeben, wir haben keinen Bock mehr, der Pamir hat so geschlaucht, dass uns selbst nach ein paar Tagen Ruhe in Osch die Kraft dazu fehlt. Wir ändern kurzerhand unseren Plan und organisieren uns einen Wagen + Fahrer. Schon am Abend erhalten wir ein Top-Angebot und sagen schließlich zu. Am nächsten Tag rattern wir sechs Stunden lang über die brutalen Staubpisten, die uns nun Gott sei Dank erspart geblieben sind. Im Nachhinein bereuen wir keinen Cent und sind froh die Strecke mit dem Auto genommen zu haben.

Von Kochkor aus geht es nun wieder mit dem Radl weiter zum Yssyköl (heißer See), der mitten im Tianshan Gebirge liegt. Er ist nicht nur der größte See Zentralasiens, sondern nach dem Titicaca auch der zweitgrößte Gebirgssee der Erde. Was freuen wir uns auf dessen Umrundung, endlich Baden gehen und die Tage etwas gelassener angehen. Als wir dort ankommen, sind wir überwältigt von der Größe und dessen Schönheit. An seinem Nord- und Südufer liegen große Gebirgsketten, deren Kuppen selbst im Hochsommer zum Teil noch mit Schnee bedeckt sind. Schon nach einigen Kilometern entdecken wir den ersten Sandstrand, damit haben wir nicht gerechnet. Es dauert keine zwei Minuten bis wir uns die Klamotten vom Hals schmeißen und in die Fluten springen. Zu unserer Überraschung hat es auch noch angenehme 22 °C Wassertemperatur und leichten Wellengang. Wir liegen am Sandstrand und können kaum glauben, dass wir uns auf über 1600 m Höhe befinden. Wenn die Berge nicht wären, könnte man auch meinen, wir hängen irgendwo an der Ostsee ab.

In den darauffolgenden Tagen fahren wir am eher ruhigen Südufer entlang, hangeln uns von einer Badebucht zur nächsten und haben so richtiges Urlaubsfeeling. An manchen Stränden haben die Einheimischen ihre Garküchen in Jurten eingerichtet, so das es uns an nix fehlt. Die Landschaft ist anfangs noch sehr trocken, ähnlich einer Halbwüste, doch je weiter wir nach Osten fahren, um so grüner wird es. Entlang der Straße hat es Aprikosenplantagen und die Einheimischen verkaufen ihre Ernte. Nach einigen Tagen erreichen wir Karakol, eine kleines Provinzstädtchen auf der Ostseite des Sees. Im Winter wohl ein Touristenmagnet, auf Grund der umliegenden Skigebiete, hat die Stadt jetzt im Hochsommer für uns nicht viel zu bieten. So machen wir nach einem kurzen Stopp weiter hoch zum Nordufer.

Hier ist die Landschaft etwas grüner und die Kulisse auf die gegenüberliegenden Bergriesen noch schöner. Die Ortschaften werden zahlreicher, es hat mehr Infrastruktur und die Plätze fürs Wildcampen fliegen einem nicht mehr so daher. Kleine Privatunterkünfte oder Hotelkomplexe ziehen die Touristen an und je weiter wir nach Westen fahren, um so mehr Trubel hat es. In einigen Ortschaften gleichen die Straßenränder zum Teil einem Basar, auf dem sich die Urlauber mit getrocknetem Fisch oder Käse eindecken. Der Verkehr wird zunehmend stärker und das Fahrverhalten einiger Kirgisen geht uns ordentlich gegen den Strich. Radfahrer spielen für sie wohl keine Rolle und so rasen sie mit Affenzahn recht nah an uns vorbei. Für uns bis dato die schlimmsten auf der Reise.

Knapp zwei Wochen später und rund 430 km weiter, haben wir die Umrundung des Sees geschafft und rollen durch ein karges Gebirge weiter in die Hauptstadt Bischkek. In der recht grünen Stadt nutzen wir die Zeit für Erledigungen auf dem riesigen Basar und buchen uns einen Flug für die Weiterreise. In den letzten Tagen haben wir uns so einige Gedanken gemacht. Eigentlich wollten wir nach Ladakh, um von dort nach Nepal zufahren. aber die harten Tage im Pamir und die Fahrt um den See, haben uns auf andere Gedanken gebracht. So werden wir die nächsten Wochen etwas entspannter angehen und haben uns eine hoffentlich angenehme Strecke einfallen lassen. Eines sei aber gesagt, nach Nepal geht es trotzdem.

Der Weg ist nun geebnet, wir verlassen Bischkek und machen noch einen kleinen Schlenker über Kasachstan. Almaty ist das Ziel, denn von hier aus geht schon bald unser Flug. Wir fahren immer auf der A2 entlang. Anfangs hat es noch eine sanft trockene Hügellandschaft, die dann später zu einer Steppe wird. Eine scheinbar endlos lange Straße, die etliche Kilometer immer nur geradeaus führt. Der Wind kommt noch aus der falschen Richtung und bläst uns so richtig schön ins Gesicht. An solchen Tagen möchte man das Rad am liebsten einfach nur in den Graben schmeißen. Zum Glück wendet sich das Blatt dann kurz vor Almaty und so erreichen wir schon am frühen Nachmittag die Stadt. In zwei Tagen startet unser Flieger, so bleibt uns noch etwas Zeit für eine kurze Stippvisite durch den Dschungel der Großstadt und für´s verpacken unserer Stahlrösser.

Nach neun Wochen durch die STANLänder, verlassen wir nun Zentralasien. Wir hatten eine schöne Zeit hier, auch wenn die Tage recht anspruchsvoll waren. Doch unsere Mühe wurde mit wunderschönen Landschaften und interessanten Begegnungen belohnt.

 

 

4 Kommentare

  1. dean clarke

    hey i met you in thailand is dean and lek cool website

    • radler

      yeahhh, thank you for your invitation!
      if you want, scroll down the frontpage and subscribe the newsletter 🙂

      regards

      • Uwe Jetter

        Ahoi, Ihr Fahrradäer. Es ist immer wieder schön, Eure Newsletter zu lesen, sich mit Euch zu freuen, zu fiebern, um Euch zu fürchten (letzter Bericht D.). Wir wünschen Euch weiterhin viele unvergessliche Impressionen auf Eurem weiteren Weg. Das Leben/Die Erde ist schön!!! Lassen wir sie uns nicht von Amöben kaputt machen. Pannenfreie Grüsse von Maren und Uwe aus Halle.

      • Uwe Jetter

        Moin Ihr Lieben, hab´s gerade verpennt, Euch zu fragen, wie der LKW vom Opernhaus Halle nach Zentralasien kommt. Irres Bild, mußte sehr schmunzeln. Gehabt Euch wohl. Ciao belli.

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