Malaysia, Malaysia, bei diesem Namen denken die meisten zuerst an: nichts. So ging es auch uns. Schnell im Netz nachgeschaut, 31 Mio. Einwohner, Hauptstadt Kuala Lumpur, muslimisch geprägt. Der interessierte Leser bemühe bitte Google. Dominic war zwar schon auf Borneo, aber wir fahren die Halbinsel in Richtung Kuala Lumpur. Der Grenzübertritt war ein Kinderspiel, Stempel in den Pass und fertig. Vorher setzten wir mit einer kleinen Fähre ganz gemütlich über den Grenzfluss Golok. Im ersten Ort fuhren wir an einem Tempel mit einem riesigen sitzenden Buddha vorbei. Dort trafen wir auch gleich einen anderen Radler, einen Herrn aus Singapur. Nach einem kurzen Smalltalk, einigen Fotos und guten Wünschen, rollten wir nach Kota Bharu.

Unterwegs sahen wir schon die ersten 7Eleven Läden. Toll! Wir freuten uns auf den Ankomm- Kakao/Kaffee, doch wurden wir enttäuscht. Keine Sandwiches, keinen Kaffee, keinen Kakao. Aber egal, es soll ja in Malaysia viele andere leckere Dinge geben. Die erste Nacht verbrachten wir in einem Backpackerhostel. Hier brauchen wir auch Dominics Reisestecker. Ohne den läuft in Malaysia gar nichts. Ein guter Kauf! Der Chef des Hostels erzählte uns, wie günstig die Zimmer im Land sind. Komisch, wir hatten etwas anderes gelesen. Leichte Vorfreude machte sich breit. Vielleicht kommen wir ja doch mal mit dem Tagesbudget aus; doch Pustekuchen. Bereits am nächsten Tag hatten wir das Gefühl, hier ist es teurer, als in den Ländern zuvor. Wir fragten in den wenigen geöffneten Unterkünften nach, doch zu unserem Entsetzen wollten einige über 30 Euro für ein Zimmer. Na das geht ja gut los! In einem leer stehenden Ressort campierten wir und sparten so Geld, das wir in den nächsten Tagen wieder ausgeben mussten. Was hat uns der Typ da bloß erzählt!

Uns fielen die vielen riesigen Palmölplantagen auf. Auf breiten Straßen, mit ordentlichem Verkehr, fahren wir stundenlang daran vorbei. Wir haben das Gefühl, hier ist alles etwas stressiger. Die Straßen sind nicht mehr ganz neu, auch wenn es manchmal einen Seitenstreifen gibt – oder wir sind von Thailand verwöhnt. Aber die Fahrzeuge lassen beim Überholen viel Platz. Wir nutzen die Kopfhörer und gute Musik um nicht den ganzen Tag das Geknatter der LKWs und Motorräder hören zu müssen. Tempel sehen wir immer weniger, dafür bestimmen jetzt Moscheen das Bild – ist halt ein muslimisches Land. Die erste große Stadt, die wir ansteuern, ist Kuala Terengganu. Wir besuchen China-Town und essen chinesisch – was denn sonst!? Hier gibt es auch Bier zu kaufen, aber bei 4,50 Euro für eine Flasche vergeht uns der Appetit. China-Town ist eine Stadt in der Stadt. Wir sehen hier keine Frauen mit Kopftüchern und langen Kleidern mehr, sondern langes wallendes Haar und Miniröcke – allesamt chinesischer Herkunft. Im Ort entdecken eine Menge Street Art. Ganze Häuser sind von oben bis unten mit schönen Motiven verziert. Es gibt viele Grünanlagen mit weit ausladenden Bäumen und auch der Rest der Stadt ist grün und sehr gepflegt. Leihfahrräder stehen an jeder Ecke und per APP können sie gebucht werden. Aber es scheint niemanden zu geben der sie benutzt, denn die Räder sehen brandneu aus.

Wir fahren weiter an der Ostküste entlang in Richtung Süden. Auf den Überlandfahrten finden sich viele kleine Garküchen, die Auswahl ist nicht so groß wie in den Städten, doch zum satt werden reicht es immer. Dazu kommt, es ist recht günstig. Nur einmal aßen wir etwas, das uns an Zentralasien erinnerte. Ein Klumpen Fleisch in einer undefinierbaren Brühe. Dazu gab es nur Reis. Die Menschen haben scheinbar noch nie Radfahrer gesehen und beäugen uns neugierig. Alle sind freundlich und wir werden immer mit einem „Hallo“ begrüßt, doch eine gewisse Zurückhaltung ist zu spüren. Die wenigsten sprechen englisch, aber mit Händen und Füßen gelingt es immer zu erklären, dass wir aus Germany kommen und nach Kuala Lumpur wollen, viel Gelächter inbegriffen. Wir bemerken, dass es fast keine Hunde gibt, zum Glück für Silvio, dafür umso mehr Katzen. Im Dschungel, am Straßenrand, tollen Horden von Affen umher und einige Wildschweine und Warane flitzen vor uns über den Asphalt. Leider liegt auch hier ordentlich Müll herum, sodass wir auch an den herrlichen Stränden von reichlich Plastik umgeben sind.

Nach einer weiteren Nacht in den Zelten, gönnen wir uns zwei Nächte in einem großen Hotel direkt am Strand, mit Pool, Frühstück und allem drum und dran. Damit war das Gesparte dahin und wir brauchten einen neuen Plan. Dominic schrieb einige Warmshower- Hosts an. Nach den gemischten Erlebnissen in der Türkei hatten wir diese Möglichkeit fast vergessen. Doch wir hatten Glück und Kemat lud uns zu sich ein. Wir konnten zwei Nächte bei ihm verbringen, Wäsche waschen und wir machten einen Ausflug zum Kenyirsee. Dieser ist künstlich inmitten eine grandiose Berglandschaft angelegt. Mit Inseln und Wasserfällen, die wir für ein kühles Bad nutzten. Auf einer Bootstour machten wir auf einer Kräuterinsel halt, Teeverkostung inbegriffen. Kemat fuhr uns mit dem Auto hin und natürlich auch wieder zurück. Ein kleiner Luxus mit Klimaanlage. Auch auf dieser Fahrt sahen wir Kilometer um Kilometer nur Ölpalmen. Bis hoch in die Berge, nur Ölpalmen. Die Nachfrage scheint groß zu sein. Zum Glück gibt es aber noch Urwald, der uns undurchdringlich erscheint. Unterwegs tranken wir frisch gepressten Zuckerrohrsaft und kosteten frittierte Bananen und Kartoffeln, nicht mal schlecht. Abends ließen wir uns Burger schmecken, die ersten seit Monaten.

Die nächsten Ziele sind Dungun, Chukai, Kuantan und Pekan, immer am Südchinesischen Meer entlang. Kleine Orte, in denen wir die Morgenmärkte für uns entdecken. Sehr zum Erstaunen der Einheimischen, sitzen wir am Rand, beobachten das Treiben und lassen uns die Köstlichkeiten schmecken. Es gibt viele Restaurants entlang der Strecke in denen wir unsere Mittagspause verbringen. Wir kamen einmal mit einem Offizier ins Gespräch, der uns dann zum Essen einlud. Nach Pekan verlassen wir die Küste und fahren am größten Fluss in Malaysia, dem Pahang River, entlang. Hier wechseln sich Urwald und Palmölplantagen ab. Der Urwald ist so dicht, dass wir den Fluss nicht sehen, obwohl er höchstens 50 Meter neben der Strasse fließt. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, dass die Brillen und Objektive ständig beschlagen, Sauna lässt grüßen. Leider, oder zum Glück, ist es bewölkt. Die Bilder werden zwar nicht besonders schön, aber es fährt sich angenehmer.

Wir machen einen Abstecher zum Chinisee und übernachten das erste mal auf unserer Reise in einem Schlafsaal. Das ist schön günstig. Das Hotel liegt direkt am See. Viele Bungalows sind im Gelände verstreut. Eine schöne Anlage und nicht zum ersten mal sind wir die einzigen Gäste. Der See ist berühmt für seine Seerosen, wir sehen natürlich keine. Am Morgen genießen wir das Dschungelkonzert von unzähligen Tieren. Leider sind auch schon reichlich Mücken am Start und gehen uns mächtig auf die Nerven. Wir beschließen den nächsten Warmshower aufzusuchen. Wir schreiben ihn an, aber ohne Erfolg. Doch er war da und lud uns in sein Haus ein, welches direkt am Fluss liegt. In den letzten Jahren wurde er mehrfach vom Hochwasser fast in den Ruin getrieben, weitermachen ist seine Devise. Er strotz vor Optimismus. Ein interessanter Abend mit Einblick in die malaysische Seele.

In der Zwischenzeit hat sich Dominics Schirm durch starken Wind in seine Einzelteile zerlegt. Nur noch knapp die Hälfte des Schirms ist übrig. Wegwerfen ist nicht – dieses Andenken muss mit nach Hause. Aber wenig später landet er doch im Müll. An Silvios Rad ging mittlerweile der 5! Seitenständer zu Bruch und der zweite Reifen. Wir hoffen, in Kuala Lumpur Ersatz zu bekommen. Der große Fluss liegt nun hinter uns. Die Strasse schlängelt sich nach Süden und es wird wieder bergiger. Ein andauerndes Auf und Ab und auch die Sonne ist wieder da. Das Thermometer am Fahrrad zeigt gegen Mittag knapp 50 Grad und verfärbt sich dunkel. Wir fragen uns, wie wir den Pamir geschafft haben. Nach jedem Anstieg müssen wir eine kurze Pause einlegen. Die Klamotten sind komplett durchgeschwitzt und wir fast am Ende unserer Kräfte. Wir trinken soviel Wasser wie es nur geht.

Nach weiteren fünf Tagen bei tropischem Wetter, erreichen wir die Hauptstadt, Kuala Lumpur. Auch hier zeigen sich die Autofahrer von ihrer vorbildlichen Seite. Kein Hupkonzert und viel Abstand zu unseren Rädern. Einige Kilometer später sehen wir die Petronas-Towers und wir stoppen im Park daneben, für die obligatorischen Fotos. Die örtliche Security hat aber etwas dagegen. Sie scheuchen uns aus dem Park, völlig unverständlich! Fahrräder sind hier anscheinend nicht erwünscht. Schade. Wir machen trotzdem ein paar Bilder und lassen uns vom Navi durch enge Straßenschluchten zum Hotel leiten. Die Skyline, mit ihren vielen verschiedenen Hochhäusern ist beeindruckend.

Die letzten Tage in Malaysia verbringen wir mit Stadtbesichtigung, Vorbereitungen auf unseren Flug nach Nepal und mit süßem Nichtstun, also rumgammeln. Wir besuchen einen Orchideen Park, China town, little India und ziehen für zwei Tage in die Nähe des Flughafens um. In einer piekfeinen Wohnanlage wohnen wir in einer Stadtvilla, bei einem malayisch- japanischen Ehepaar. Beide sprechen perfekt englisch und helfen uns wo sie nur können. Die Räder sind nun frisch verpackt und wir sind startklar für das nächste Kapitel.